Was das Leben so bereit hält und was sich daraus machen lässt.

Die digitale Zukunft

Wovon haben wir nicht alles geträumt?

Anfang der 80er Jahre, in der Homcomputer Ära, stellten wir uns eine vernetzte Welt vor in der alles verfügbar war. Überall eingesetzte Computer sollten uns die Probleme aus dem Weg räumen und uns zu Diensten sein. Nur mit einem Fingerzeig sollten Computer erkennen was wir wollen. Informationen sollten schnell verbeitet werden. Fehler sollten von Computern korrigiert werden. So kam es dann auch. Oder auch nicht.

Ende 1989 entließ man mich als ausgebildeten Datenverarbeitungs-Kaufmann mit Schwerpunkt Softwareentwicklung in die Welt.

Computer standen Ende der 80er plötzlich in fast jedem Haushalt. Es gab Foren wie am Stammtisch und das Geheule des Dummbatz blieb dort auch weiterhin vor der weiten digitalen Welt verborgen. Aber es gab ja auch die Newsgroups die immer mehr Zulauf hatten. Hier hätten wir stutzen müssen. Hier hätte die Klarnamenpflicht eingeführt werden müssen. Denn die Hater posten niemals von sich aus mit ihrem realen Namen.

Spätestens mit den Social-Media gab es kein halten mehr. Denn womit wir zuerst nicht gerechnet hatten: Mit dem Internet haben die Dummen ein Sprachrohr bekommen und jeder hört zu. Als 2007 die Smartphones kamen hatten wir die Bedienung so einfach gestaltet, dass auch der größte Vollpfosten seinen geistigen Müll mit einem Fingerschnipp verbreiten konnte. Sogenannte Influenzer fluteten die Weiten des Internet mit ihrem geisten Dünnschiss statt die Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen. Foodporn wurde alltäglich.

Was ist aus unseren Idealen geworden?

Idiotie in TikTok Videos, Hater in YouTube-Shorts, Rechts- und Linksextreme mit Webseiten auf Facebook, Twitter als virtuelles Megaphone rechtsextremer Idiologien, Telegram mit extremistischen Chatgruppen, Reichsbürger die sich vernetzen und die deutsche Regierung stürzen wollen, ChatGPT das falsche Ideologien in schöne Worte verpackt die so klingen als seien sie von Professoren geschrieben, Deepfake Videos, von KI manipulierte Bilder... Wer hätte all das ahnen können? Der Missbrauch der Technik wurde so einfach gestaltet, dass auch die dümmsten sie für jede noch so krude Weltanschauung anwenden können. Das ist nicht das wofür ich mein Können eingesetzt hatte.

Foto: Pixabay.de

Dabei hatten wir 1984 ganz einfache Träume. Zum Beispiel, dass Marilyn Monroe als virtuelle lebensechte Person aufersteht und uns neue Spielfilme beschert. Oder Computer mit denen wir sprechen und die Wünsche ausführen. Das ist heute, 40 Jahre später, alles problemlos möglich. (Avatar, Alexa, Siri, Google ...) Aber die Menschen benutzen die neuen Möglichkeiten für Hass, Zerstörung und Lügen anstatt für die positiven Dinge. Inzwischen gibt es KI (Künstliche Intelligenz). Als diese frei verfügbar wurde habe ich gleich gesagt, dass die Menschen dafür noch lange nicht bereit sind und dies ein Spiel mit dem Feuer ist.

Wie Ur(wald)einwohner mit Maschinengewehr, das sind wir

Jeder von uns kennt die Pressebilder, in denen Ureinwohner nur mit Lendenschurz bekleidet, entfernt von jeder Zivilisation, mit technisch hochentwickelten Waffen in den Händen vor der Kamera posieren. Um zu drohen, Gewalt zu rechtfertigen, zu erpressen oder Recht einzufordern. Dieses Bild kann man auf unsere technisch fortgeschrittene Welt adaptieren: Diese Ureinwohner, das sind wir und statt eines Maschinengewehrs, haben wir Hochtechnologie wie die KI in der Hand. - Welchen Schaden werden wir damit anrichten?

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Künstliche Intelligenz, die reale Gefahr!

Das Potenzial der KI ist so extrem brandgefährlich, dass sogar die Erfinder und Entwickler dieser KI's für eine Reglementierung und die gesetzlichen Einschränkung im Mai 2023 um Hilfe riefen. Eine Unterschriftensammlung mit der 400 Unterzeichnern, allen voran die größten Wissenschaftler für KI, haben sich daran beteiligt. Sie warnen in diesem Statement vor der KI. Das ist ein Hilferuf den wir nicht ignorieren dürfen. Wenn die Erfinder um Hilfe schreien, dann haben sie ganz offensichtlich die Kontrolle verloren! Ich beziehe mich hier nur auf die Entwickler, nicht auf die Personen, die evtl. andere Gründe hatten zu unterzeichnen.

Kaum waren ChatGPT und Bard ungefiltert und ungebremst verfügbar, kamen nach nur 8 Wochen die ersten Betrugsfälle auf. Schüler hatten beim ABI einfach ChatGPT die Antworten schreiben lassen was zum Glück auffiel. Aber KI macht Fortschritte. Teilweise sind Fake Bilder kaum mehr von echten Fotos zu unterscheiden. Das öffnet Tür und Tor für Falschinformationen bis hin zum Sturz von Regierungen. Die AfD hat bereits mit einem Fake-Plakat den Hass auf Ausländer provoziert. Norbert Kleinwächter veröffentlichte auf Instagram Parolen und ein Fake Bild gegen Ausländer. Das ist brandgefährlich, wenn nicht sogar Volksverhetzung! Wer heute auf Facebook die Video-Shorts ansieht, bekommt spätestens ab dem dritten Video menschenverachtenden Ausländerhass, subtil zur Gewalt aufrufende Videos, politisch extremistische Inhalte und vieles mehr in dieser Art. Und Facebook? (sei nur stellvertretend genannt) die bieten gar nicht die Möglichkeit an derartige Videos zur Überprüfung zu melden, weil sie schon vom User die rechtliche Einordnung verlangen, was er gar nicht leisten kann.

Was soll an KI gefährlich sein, werden sich einige fragen. Antwort: Man kann KI's wie ChatGPT manipulieren, weil es sein "Wissen" aus dem Internet als größte Quelle bezieht. Zudem wird Massenüberwachung vereinfacht. Wir alle wissen, dass das Internet voll von Lügen ist. ChatGPT nimmt an, dass dies Wahrheiten sind und posaunt diese Inhalte als "Echt" hinaus. Außerdem kommt es darauf an was der Betreiber als Quellen zulässt. Würde ChatGPT verboten Wikipedia zu verwenden, würden wir dieses Verbot nicht bemerken. Weil wir alle glauben ChatGPT darf alles lernen und könne gut von böse unterscheiden, werden wir in die Irre geführt. ChatGPT kann Gut von Böse nicht unterscheiden. Also auch nicht ob ein Inhalt aus guter oder böser Absicht erzeugt wurde.

Was ist nur aus unseren Idealen geworden? An welcher Stelle hätten wir einen anderen Weg einschlagen müssen? Wir können die Zeit nicht zurückdrehen, aber wir können jetzt Entscheidungen zur Korrektur treffen.

Nachtrag 17.06.2023: Der Ruf nach Regelung ist nicht verhallt. Die EU hat als erste in der Welt einen Entwurf für ein KI Gesetz verabschiedet. Es unterbindet z.B. die Echtzeit-Gesichtserkennung und die Verarbeitung von Daten. Ebenso wurden einige Funktionen von ChatGPT und Co auf eine Verbotsliste gesetzt die es nicht mehr erlaubt Menschen beim KI-Gebrauch zu identifizieren. Das ist nur ein Auszug. Jetzt geht es den Weg der Gesetzgebung.

Mein Vorschlag: Klarnamenpflicht. Keine Anonymität mehr! Das reduziert massiv auf einen Schlag Hass und Kriminalität. Damit lässt sich zwar nicht jedes Problem beseitigen, aber die berühmten 90% könnten es vielleicht werden. Die Diensteanbieter können die Klarnamenpflicht durchsetzen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum wird uns immer wieder gesagt. Aber wie will man Recht durchsetzen, wenn die betreffenden Personen anonym unterwegs sind? Die bisherigen Regelungen zum melden von Inhalten ist jedenfalls nicht ausreichend, solange die Plattformen wie Facebook und Co das nicht rigide durchsetzen. Außerdem Reglementierung der KI System die uns weitgehend vor Betrug, Hass und Selbstzerstörung schützt. Dass KI Arbeitsplätze zerstört sehe ich nicht. Stattdessen wird es eine normale Veränderung in der Arbeitswelt geben.

Niemals hätte ich gedacht so etwas vorzuschlagen, wo ich doch immer für das Recht auf Anonymität war. Aber diesen Dreckssumpf im Internet kann man nicht anders austrocknen.

Natürlich gibt es auch andere Meinungen, die bei KI gar kein Gefahren sehen. Wir alle kennen jedoch nur die (veraltete) Entwicklung mit Stand 2020/2021 und haben jetzt schon massive Probleme durch KI, während die Entwickler und Verantwortlichen die jetzt um Hilfe riefen bereits die Technik aus 2023 kennen. Deshalb muss auch eine ernsthafte Auseinandersetzung dazu möglich sein, statt den Yuppies und verblendeten Technikgeilen blind zu glauben, alles würde sich selbst regeln. 1999 hätte ich das auch noch geglaubt. Aber, dass Selbstregulierung nicht funktioniert, sehen wir an Hass und Gewalt die uns im Internet heute entgegen schlagen. Das hätte 1990 auch niemand so erwartet.

Juni 2023